Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach Insolvenzeröffnung
Nach den Finanzgerichten München (FG München, Urt. v. 10.03.2016 – 14 K 2710/13) und Köln (FG Köln, Urt. v. 18.01.2017 – 10 K 3671/14) entschied nunmehr auch das Finanzgericht Sachsen mit Urteil vom 21.06.2017 (Az. 1 K 892/14) zu Ungunsten eines vom Finanzamt persönlich in Haftung genommenen GmbH-Geschäftsführers. Meldet das Finanzamt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH Steuerforderungen gegen die GmbH zur Insolvenztabelle an und widerspricht der Geschäftsführer dieser Anmeldung nicht, kann er in seinem eigenen Haftungsverfahren nicht einwenden, die Steuerforderung bestehe nicht bzw. nicht in der bisher festgesetzten Höhe.
Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das Finanzamt meldete daraufhin seine, teilweise auf Schätzungsbescheiden beruhenden, Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Die Forderungen des Finanzamts wurden wie angemeldet festgestellt. Die GmbH widersprach den Forderungen nicht. Daraufhin nahm das Finanzamt den Kläger nach § 69 AO persönlich in Haftung. Der Kläger war der Ansicht, er könne nur aus (geringeren) Rückständen der GmbH in Anspruch genommen werden, die sich bei Veranlagung nach den mittlerweile eingereichten Steuererklärungen ergeben würden.
Der Haftungstatbestand des § 69 AO war unstrittig erfüllt. Danach haftet der Geschäftsführer – als gesetzlicher Vertreter der GmbH – wenn er die steuerlichen Pflichten der GmbH vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Die (grob fahrlässige) Schuldhaftigkeit des Klägers lag darin, dass er weder Steuererklärungen einreichte noch die fälligen Steuern abführte.
In seinem persönlichen Haftungsverfahren konnte sich der Kläger nunmehr nicht darauf berufen, dass die Steuerschulden nicht in der vom Finanzamt geltend gemachten Höhe bestehen. Da er den zur Tabelle angemeldeten Steuerforderungen im Prüfungstermin nicht widersprochen hat, sei er nach § 166 AO an diese gebunden. Nach § 166 AO hat die unanfechtbare Festsetzung einer Steuer gegenüber dem Steuerpflichtigen auch derjenige gegen sich gelten zu lassen, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter anzufechten. Nach Ansicht des Gerichts stehe das Widerspruchsrecht des Insolvenzschuldners, das von seinem Vertreter wahrzunehmen ist, einer Anfechtbarkeit der Steuerfestsetzung i.S.v. § 166 AO gleich. Auch sei dem Kläger der Widerspruch möglich gewesen, da die Organstellung des Geschäftsführers einer GmbH mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entfalle.
Das Gericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Da die Finanzgerichte – soweit ersichtlich – bisher einheitlich entscheiden, sollten Geschäftsführer in entsprechenden Fällen dringend handeln.
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