Betriebsbedingte Kündigung bei anderweitig freien Arbeitsplätzen



Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.07.2017 (Az.: 2 AZR 476/16) entschieden, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG selbst bei Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes nicht in jedem Fall möglich ist. Vielmehr muss der Arbeitnehmer dem Anforderungsprofil der freien Stelle entsprechen.

 Der Kläger war als „bewaffneter“ Wachmann beschäftigt. Als die Dienststelle geschlossen wurde, erhielt er eine betriebsbedingte Kündigung. Im Kündigungszeitpunkt hatte der Arbeitgeber in einer anderen Dienststelle noch Arbeitsplätze als „bewaffneter“ Wachmann zu besetzen. Bereits vor der Kündigung wurde dem Arbeitnehmer jedoch die hierfür zwingend erforderliche Waffenerlaubnis entzogen, da er sich als untauglich zum Führen einer Waffe erwiesen hatte.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist die betriebsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmers weiterbeschäftigt werden kann.

Das BAG hat entschieden, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers selbst bei Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer dem Anforderungsprofil der freien Stelle – sei es auch erst nach einer dem Arbeitgeber zumutbaren Umschulung oder Fortbildung – entspricht. Bedarf es nach dem Stellenprofil bestimmter behördlicher Erlaubnisse oder Genehmigungen, muss im Kündigungszeitpunkt die berechtigte Erwartung bestehen, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Zeit über sie verfügen wird. Es reicht nicht aus, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit gesichert ist. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils grundsätzlich der nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden unternehmerischen Disposition des Arbeitgebers.

Nach Ansicht des Gerichts hatte der Arbeitgeber mit seiner Festlegung, auf der Position „bewaffneter“ Wachmann ausschließlich Mitarbeiter zu beschäftigen, die über eine Waffenerlaubnis verfügen, in nicht unsachlicher Weise von seinem Bestimmungsrecht Gebrauch gemacht. Da nicht zu erwarten stand, dass der Kläger die Waffenerlaubnis in absehbarer Zeit wiedererlangen würde, entsprach er im Kündigungszeitpunkt somit nicht dem Anforderungsprofil. Folglich war dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht möglich. Die Kündigung war daher wirksam.

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